
Noch immer gehen die Meinungen und Sichtweisen über die Ereignisse stark
auseinander und die einen beschweren sich über die anderen, dass nur die eigene
Vision wahrgenommen wird.
Für mich als Ausländerin, die zu dem noch aus einem Land kommt, in dem
aufgrund der eigenen Geschichte sehr sensibel mit den Thema Menschenrechte
umgegangen wird, ist es nicht leicht dies zu verstehen. Die Bilder und Fakten
nehmen mich mit. Es macht schwermütig zu sehen, dass es noch sehr viel zu
bewältigen gibt und aufeinander zugegangen werden muss. Und es macht noch
trauriger, wenn man dann an die jüngsten Ereignisse in Syrien und vielen
anderen Ländern denkt und es nicht fassen kann, dass das was in Chile passiert
ist und langsam aufgearbeitet wird an so vielen Orten in der Welt geschehen ist
und geschieht. Das, was ich als Fernsehzuschauerin als unnormal empfinde, wo
ich denke, zum Glück lebe ich nicht mehr in dieser Zeit, findet an anderen
Orten immer noch statt und ist fast schon Normalität.
Die gespaltene Meinung zum 11. September in Chile und die Anspannung ist
vor allem auch daran zu spüren, dass die Hauptstadt Santiago fast jedes Jahr
auf dem Kopf steht. Es werden Barrikaden, Unruhen, Brände, Proteste und
Ausschreitungen erwartet. Diese beginnen schon ein Tag vorher. Bis jetzt
berichten die Fernsehsender, dass in der Nacht „verhältnismäßig“ wenig passiert
ist. Viele Menschen bleiben heute zu Hause oder dürfen ihren Arbeitsplatz eher
verlassen. Auch einige Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Meine
Universität liegt im Zentrum und hat alle Veranstaltung für gestern und heute
abgesagt. Die Gefahr in Ausschreitungen zu geraten ist nicht gering, auch wird
erwartet, dass es Störungen im öffentlichen Verkehr gibt.
Die Spaltung des Landes ging auch durch die Lutherische Kirche Chiles
hindurch. Heute gibt es zum Glück Hoffnung, dass die Gemeinden aufeinander
zugehen. Mittlerweile hat der Rat beider lutherischer Kirchen einen
Generalsekretär, der sich intensiv für die Zusammenarbeit einsetzt. Der Rat
beider Kirche wird gestärkt und in Zukunft sollen beide Kirchen gemeinsam nach
außen vertreten werden. Dadurch können die inneren Strukturen beider Kirchen
beigehalten werden und es kann den individuellen Bedürfnissen und Themen der
einzelnen Gemeinden nachgekommen werden.
Ein wichtiger Schritt ist der Brief des Bischofs der Lutherischen
Kirchen in Chile der sich mit der Stellung der Kirchen zu den Menschenrechten
und dessen Verletzungen während der Militärregierung auseinandersetzt. Der
aktuelle Bischof Siegfried Sander fragt, ob man nicht eingestehen und bekennen
müsste, dass nach dem Militärputsch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen
geschehen sind und dass die Augen davor nicht geschlossen werden können, was
nicht heißt, dass man über das Leid, was anderen vor dem Putsch geschah,
hinwegsehen will. Siegfried Sander hofft auf einen offenen Dialog, in dem beide
Seiten aufeinander zuhören können und die Vergebung Gottes betont wird.
Vielleicht können die lutherischen Kirchen mit einem guten Beispiel
vorangehen?
Hier noch ein Beitrag im Deutschlandfunk mit einem Interview mit meinem Mentor, dem Bischof der lutherischen Kirche:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/09/10/dlf_20130910_0944_7fdeed2c.mp3
Hier noch ein Beitrag im Deutschlandfunk mit einem Interview mit meinem Mentor, dem Bischof der lutherischen Kirche:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/09/10/dlf_20130910_0944_7fdeed2c.mp3