Mittwoch, 11. September 2013

Der chilenische 11 September



Heute ist der 11. September. In der Welt ist das nicht mehr irgendein Datum und erst recht nicht in Chile. Hier müssen sich in den Tageszeitungen die Bilder vom brennenden World Trade Center den Platz mit Bildern vom bombardierten chilenischen Präsidentenpalast „La Moneda teilen. Mit diesem Datum wird jüngste schmerzliche chilenische Geschichte verbunden. Leid, aber auch Erleichterungsgefühl, Entzweiung und Unfassbarkeit. 40 Jahre nach dem Militärputsch sind die Wunden noch immer nicht geheilt. Die Fernsehsender senden verschiedene spannende Dokumentarfilme mit Zeitzeugenberichten, nie gesehenen Videoaufnahmen und ausführlichen Fakten über die Ereignisse um den Militärputsch, die Zeit der Regierung Allende und die Menschenrechtsverletzungen und Organisierung des Widerstands in der Zeit der Militärregierung. Auch gibt es gut gemachte Fernsehfilme, welche verschiedene Ereignisse in den Blick nehmen. (Zum Beispiel Los Ecos en el desierto) In den Talkshows wird die jüngste Geschichte Chiles ebenso intensiv diskutiert und die Politiker, zumeist gespalten in links oder rechts, sind dazu aufgefordert Stellung zu diesen Ereignissen zu nehmen. Dabei fragen sie sich auch, wer, für was und in welcher Hinsicht um Vergebung für die vielen Menschenrechtsverletzungen bitten sollte.  
Noch immer gehen die Meinungen und Sichtweisen über die Ereignisse stark auseinander und die einen beschweren sich über die anderen, dass nur die eigene Vision wahrgenommen wird.
Für mich als Ausländerin, die zu dem noch aus einem Land kommt, in dem aufgrund der eigenen Geschichte sehr sensibel mit den Thema Menschenrechte umgegangen wird, ist es nicht leicht dies zu verstehen. Die Bilder und Fakten nehmen mich mit. Es macht schwermütig zu sehen, dass es noch sehr viel zu bewältigen gibt und aufeinander zugegangen werden muss. Und es macht noch trauriger, wenn man dann an die jüngsten Ereignisse in Syrien und vielen anderen Ländern denkt und es nicht fassen kann, dass das was in Chile passiert ist und langsam aufgearbeitet wird an so vielen Orten in der Welt geschehen ist und geschieht. Das, was ich als Fernsehzuschauerin als unnormal empfinde, wo ich denke, zum Glück lebe ich nicht mehr in dieser Zeit, findet an anderen Orten immer noch statt und ist fast schon Normalität.

Die gespaltene Meinung zum 11. September in Chile und die Anspannung ist vor allem auch daran zu spüren, dass die Hauptstadt Santiago fast jedes Jahr auf dem Kopf steht. Es werden Barrikaden, Unruhen, Brände, Proteste und Ausschreitungen erwartet. Diese beginnen schon ein Tag vorher. Bis jetzt berichten die Fernsehsender, dass in der Nacht „verhältnismäßig“ wenig passiert ist. Viele Menschen bleiben heute zu Hause oder dürfen ihren Arbeitsplatz eher verlassen. Auch einige Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Meine Universität liegt im Zentrum und hat alle Veranstaltung für gestern und heute abgesagt. Die Gefahr in Ausschreitungen zu geraten ist nicht gering, auch wird erwartet, dass es Störungen im öffentlichen Verkehr gibt.
Die Spaltung des Landes ging auch durch die Lutherische Kirche Chiles hindurch. Heute gibt es zum Glück Hoffnung, dass die Gemeinden aufeinander zugehen. Mittlerweile hat der Rat beider lutherischer Kirchen einen Generalsekretär, der sich intensiv für die Zusammenarbeit einsetzt. Der Rat beider Kirche wird gestärkt und in Zukunft sollen beide Kirchen gemeinsam nach außen vertreten werden. Dadurch können die inneren Strukturen beider Kirchen beigehalten werden und es kann den individuellen Bedürfnissen und Themen der einzelnen Gemeinden nachgekommen werden.
Ein wichtiger Schritt ist der Brief des Bischofs der Lutherischen Kirchen in Chile der sich mit der Stellung der Kirchen zu den Menschenrechten und dessen Verletzungen während der Militärregierung auseinandersetzt. Der aktuelle Bischof Siegfried Sander fragt, ob man nicht eingestehen und bekennen müsste, dass nach dem Militärputsch zahlreiche Menschenrechtsverletzungen geschehen sind und dass die Augen davor nicht geschlossen werden können, was nicht heißt, dass man über das Leid, was anderen vor dem Putsch geschah, hinwegsehen will. Siegfried Sander hofft auf einen offenen Dialog, in dem beide Seiten aufeinander zuhören können und die Vergebung Gottes betont wird.
Vielleicht können die lutherischen Kirchen mit einem guten Beispiel vorangehen?
Hier noch ein Beitrag im Deutschlandfunk mit einem Interview mit meinem Mentor, dem Bischof der lutherischen Kirche:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/09/10/dlf_20130910_0944_7fdeed2c.mp3

Freitag, 2. August 2013

Bericht über das erste Semester 2013



Nun ist schon wieder ein halbes Jahr vergangen und es tut gut, etwas Bilanz zu ziehen und sich zu fragen, welche von den gemachten Beobachtungen sind noch aktuell, welche Dinge haben sich weiter entwickelt, was wurde umgesetzt und wie ist das gelungen? Haben sich neue Herausforderungen ergeben?
Im folgenden Bericht werde ich nicht alle einzelnen Aufgaben, Treffen und Erlebnisse darstellen, sondern nach Schwerpunkten sortiert einige Erfahrungen und Beobachtungen schildern.

Studium und Praktikum an der deutschen Schule
Seit März nehme ich am Aufbaustudiengang Pädagogik an einer jesuitischen Universität teil. Drei mal in der Woche, von Dienstag bis Donnerstag finden 180 Minuten Veranstaltungen statt. Obwohl es erst 3 Monate sind, kommt es mir so vor, als ob ich schon mehrere Semester studiere. Die in diesem Semester zu absolvierenden vier Seminare sind vom Arbeitspensum her sehr intensiv. Vor allem im ersten Block mussten wir viele Texte lesen und anspruchsvolle analytische Arbeiten schreiben. Alle Arbeiten und Leistungsüberprüfungen werden während des Semesters durchgeführt. Ich habe Glück, weil ich mir die Arbeit in der Gemeinde frei einteilen kann und auch mal einen Besuch oder ein Gespräch verschieben kann, um die Abgabetermine einzuhalten. Meine Kommilitonen bewundere ich sehr, denn viele von ihnen sind berufstätig. Manche sogar schon jahrelang als Lehrer und wenn sie nicht als Lehrer arbeiten, müssen sie in anderen Bereichen ihr Geld verdienen. Nicht wenige haben zahlreiche Stunden. Als Lehrer verdient man in Chile sehr wenig Geld und anders als in Deutschland ist dies kein angesehener Beruf. Doch diejenigen, die mit mir dieses Studium absolvieren, sind nicht nur Lehrer, um ein Einkommen haben, sondern weil ihnen der Beruf Spaß macht. Sie sind gerne in Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen und die Situation der Bildung und Erziehung in ihrem Land ist ihnen ein Anliegen. Leider haben schon viele der Kommilitonen den Studiengang aufgrund des Arbeitspensums in Beruf und Studium verlassen.
Trotz des Aufwands gefällt mir das Studium sehr gut. Im ersten Seminar haben wir uns im Allgemeinen mit den Aspekten und dem Verständnis von Bildung auseinandergesetzt. Mehrfach ist uns bewusst geworden, dass Bildung nicht nur ein großes Wissen zu haben bedeutet, sondern auch die Fähigkeit kritisch und argumentativ Stellung zu diesem Wissen zu nehmen. Immer wieder hat uns beschäftigt, dass sich im chilenischen Bildungssystem die Qualitätsüberprüfung nur auf das Abfragen von Wissen beschränkt, so etwa in dem nationalen SIMCE-Test, der in verschiedenen Klassenstufen durch geführt wird und dem allgemeinen Aufnahmetest für die Universitäten (PSU), den alle Jugendlichen absolvieren müssen, um an einer Universität aufgenommen zu werden. Intensiv haben wir uns auch mit der Problematik des unterschiedlichen Niveaus innerhalb der Bildungslandschaft Chiles auseinandergesetzt. Der sozio-ökonomische Kontext eines Schülers prägt hier in Chile noch viel stärker seine berufliche Laufbahn und die Kosten für eine gute Ausbildung sind horrend.
Kommilitonen, die noch nicht an einer Schule arbeiten, müssen einen Tag in einer Schule verbringen, um den Alltag und die Situation von Schule, Lehrer und Schülern kennenzulernen. Eigentlich sollte ich vier Religionsstunden an der Deutschen Schule übernehmen. Die Vertretung wurde dann aber anders gelöst, so dass ich nur einen Tag lang in der Woche Praktikum machte. Ich lernte die Arbeit in der Bibliothek kennen, unterhielt mich mit Verantwortlichen für das Schulzusammenleben und begleitete lutherische, wie auch katholische Religionslehrer in der Praxis. Im Unterricht konnte ich auch zu einigen Kursen eine Beziehung aufbauen und in den kleineren Kursen den Schülern bei Arbeitsaufträgen helfen. Einmal vertrat ich auch drei Religionsstunden. Interessant war es für mich, die verschiedenen Stile der Lehrer beobachten zu können. Vorbildlich finde ich, dass jeder Lehrer Anfangsrituale durchführt. Für die katholischen Lehrerinnen ist das Gebet fest in der Stunde integriert. Den Schülern wird dabei auch Raum gegeben, eigene Bitten und Dank auszudrücken. Ein lutherischer Lehrer singt mit den Kindern. Hilfreich war das Praktikum begleitende Seminar. Wir waren dazu verpflichtet nicht nur einen Tagesablauf in der Woche zu beschreiben, sondern mussten auch die Richtlinien unserer Schulen aus bestimmten Gesichtspunkten (Programm, Material, Organisation, Profil von Lehrer und Schülern) mit Hilfe von Beweismaterial darstellen. Dadurch habe ich einen guten Einblick darin bekommen, wie ich Stärken und Schwächen in einer Bildungseinrichtung sinnvoll beobachten kann.
Sehr nützlich ist auch die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Theorien zum Lern- und Unterrichtsprozess, welche zur Beobachtung und zum Hinterfragen des eigenen Unterrichtsstils anregt. In der Praxis gibt es aber doch nur wenige die in einem behaviourischen Stil oder im rein konstruktivistischen Stil arbeiten. Das Ergebnis der Auseinandersetzung mit den Theorien ist natürlich, dass eine gute Vorbereitung nicht nur der Planung, sondern auch in der Kenntnis der zu unterrichtenden Materie und die Beobachtung der Voraussetzungen der Kinder grundlegend für den Lernerfolg der Schüler sind. Immer wieder haben wir uns etwas resigniert gefragt, ob dies in der Praxis besonders in Chile aufgrund des Stundenpensums überhaupt umsetzbar ist.
Überraschender Weise fällt es mir nicht schwer, den Gesprächen und Diskussionen in den Seminaren zu folgen. Vermutlich auch deswegen, weil Religionspädagogik Teil des Theologiestudiums ist und ich so schon mit einigen Theorien und Fragestellungen vertraut war. Durch die Verpflichtung zu schriftlichen Arbeiten und viel Lektüre hat sich mein Vokabular im Spanischen enorm erweitert.

Gottesdienste und Kasualien
Weiterhin halte ich einmal im Monat Gottesdienste, habe Beerdigungsdienste und auch die ersten Ehesegnungen gehalten.
Ich denke in der Gottesdienstvorbereitung habe ich mehr Routine gewonnen. Mein Sorgenkind ist, dass ich nicht immer gut verstanden werde. Erstaunlicherweise kommen die Anmerkungen mehr von Deutschen. Mittlerweile treffe ich mich ein- bis zweimal im Monat mit einer Sprecherzieherin. Derzeit üben wir die Aussprache im Spanischen, wo es viele kleine, feine Unterschiede gibt, die ich noch verbessern muss. Ich merke, wie komplex die Angelegenheit ist. Die Verständlichkeit verbessert sich nicht allein aufgrund von Lautstärke, klarer Aussprache und richtiger Atmung, auch der Sprachfluss und die Betonung spielen eine große Rolle.
Da wir in der lutherischen Kirche nicht so viele Segnungen und Beerdigungen wie in der katholischen Kirche haben, können sich die Pfarrer immer die Zeit für mehrere Treffen mit dem Brautpaar nehmen bzw. mit den Angehörigen der Verstorbenen reden und sie bis auf den Friedhof begleiten. Dadurch können die Gottesdienste auch persönlicher gestaltet werden, wofür die Angehörigen und die Brautpaare nach den von mir gehaltenen Kasualien sich dankbar zeigten.  
Zum Schuljahresbeginn habe ich etwas Neues ausprobiert. Ich gestaltete einen Gottesdienst, in dem ich den Schuljahresanfang thematisierte und um den Segen Gottes für alle Schulkinder und Studenten bat. Der Schuljahresanfang ist hier in Santiago, wo 6 Millionen Menschen leben, noch viel markanter. Alles fängt zur gleichen Zeit an, Santiago ist wieder gefüllter, der Straßenverkehr ist nach den zwei Monaten Ferien viel hektischer. Ich hoffe, dass solch eine Art Gottesdienst wiederholt wird und auch ein Beitrag dazu sein kann, dass die Kinder und Jugendlichen stärker in den Mittelpunkt des Gemeindelebens gerückt werden.

Gemeindepädagogik
In der Gemeindepädagogik betreue ich weiterhin die Jugendgruppe und leite einen Bibellesekreis für Junge Erwachsene.
Die Jugendgruppe hat sich verjüngt. Es kommen mehr Schüler, während für die Studenten der Bibellesekreis neuer Treffpunkt ist. Ein Grund für den Zuwachs in der Jugendgruppe ist wohl, dass viele der Konfirmanden die Sommerrüstzeit besucht haben.
Während ich im letzten Jahr die Gruppe stärker geleitet habe, versuche ich im diesen Semester die Selbstständigkeit der Jugendlichen zu fördern. Eine Jugendliche ist jetzt für die Einladungen und Motivation verantwortlich. Ich helfe im Hintergrund zu organisieren, dass jede Woche eine Veranstaltung stattfindet. Die Jugendlichen ergreifen mittlerweile eigene Initiative, wie etwa ein Besuch im Altersheim oder Kuchenverkauf. Sie kümmern sich um die leibliche Versorgung bei den Treffen und haben auch stärker Interesse daran noch in einem lockeren Kreis zusammenzusitzen.
Eigentlich wollte ich auch wieder einen Jugendgottesdienst gestalten und hatte dies den Jugendlichen auch angeboten. Es ist aber letztlich nicht zur Durchführung gekommen, weil ich bemerkte, dass keiner der Jugendlichen sich wirklich bereit erklärte solch einen Gottesdienst mit zu gestalten. Allerdings habe ich einmal ein Bibelgespräch als Vorbereitung für eine Predigt verwendet und dabei auch Gedanken der Jugendlichen aufgenommen.
Der Bibelkreis hat auch Zuwachs an Mitgliedern erhalten. In diesem Jahr lesen wir den ersten Timotheusbrief und den ersten Korintherbrief. Die Konversationen sind sehr intensiv und ich habe weiterhin das Gefühl, dass die Gespräche und Entdeckungen in der Bibel für die meisten Teilnehmer sehr anregend sind. Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie viel man in den Bibelworten im Dialog mit anderen entdeckt. Leider ist die Teilnahme der Mitglieder sehr unregelmäßig, aufgrund von Verpflichtungen in der Universität, den großen Entfernungen in der Stadt und der Verantwortung am Arbeitsplatz.

Eine sehr wichtige Erfahrung war für mich die Jugendrüstzeit im Süden Chiles, am Llanquihuesee, die schon jahrzehntelang Herzstück der Jugendarbeit der ILCH ist.
Die Organisation und Struktur sind klar gekennzeichnet. Es sind eigentlich die freiwilligen, jugendlichen Mitarbeiter, welche die Rüstzeit planen und durchführen. Sie kümmern sich um den Tagesablauf und leiten die verschiedenen Arbeitsgruppen. Die Pfarrer sind für die Vorbereitung der Themen und die täglichen Inputs verantwortlich. Ich habe zuvor den Mitarbeitern beim Studium und der Themenfindung geholfen. Während der Rüstzeit war ich als Studiumsgruppenleiterin tätig. Obwohl die Struktur der Rüstzeit doch recht klar ist, musste ich mich daran gewöhnen, dass viele Aktivitäten am Abend und auch am Morgen im Plenum spontan unter Pfarrer und Mitarbeitern vorbereitet werden. Manchmal wusste ich nicht genau, wie ich mich dabei einbringen konnte. Es war für mich eine Herausforderung immer auf Tuchfühlung mit den Teilnehmern und den Mitarbeitern zu sein. Obwohl ich mich im Allgemeinen im Spanischen recht sicher fühle, merkte ich, dass mir an manchen Stellen das Selbstbewusstsein fehlte, um mich klar auszudrücken. Ich bemerkte auch eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung zwischen mir und dem leitenden Pfarrer in Hinblick auf die Übermittlung von theologischem, kirchlichem und geschichtlichem Wissen. Der leitende Pfarrer zieht es vor, klare Fakten und Erklärungen zu vermitteln, während ich viel stärker die Komplexität theologischer und kirchlicher Inhalte betone und dabei vielleicht an mancher Stelle die Aufnahmefähigkeit meines Gegenüber überfordere oder zu unklar bleibe.

Die kleine Konfirmandengruppe, welche ich im letzten Jahr übernommen hatte, wurde mit der Konfirmandengruppe eines Kollegen zusammengelegt. Anlass dafür waren der Europaaufenthalt einer Konfirmandin sowie die Tatsache, dass die restliche Gruppe auf der Rüstzeit Freundschaft mit den anderen Konfirmanden geschlossen hatte. Ich fand dies schade, da ich einige eigene Ideen hatte, andererseits fiel es mir auch ein bisschen schwer, weil die Konfirmanden in kleiner Anzahl immer zur Mitarbeit eingespannt waren und sich nicht für einen Moment aus dem Geschehen ausklinken konnten. Zwei Unterrichtseinheiten habe ich dann mit der gesamten Gruppe übernommen. Einmal lud ich ein Gemeindemitglied als Glaubenszeugin ein. Eine andere Konfirmandenstunde gestaltete ich zur Aufgabe der Ethik und der christlichen Ethik.

Gemeindeaufbau und Gemeindeleben
Aufgrund des Studiums habe ich weniger Zeit die einzelnen Gruppen zu besuchen. In diesem Halbjahr konnte ich nur an einer Kirchenvorstandssitzung teilnehmen. Dadurch habe ich viel weniger Kontakt zu den Gemeindemitgliedern, was ich jedoch unerlässlich für die Gottesdienstvorbereitungen finde. Die Gespräche und Meinungsäußerungen helfen mir doch sehr, um ein Gefühl zu bekommen, was die Gemeindemitglieder beschäftigt, wie sie denken und was für Vorstellungen und Fragen sie haben. Man erhält durch solche Kontakte die eine oder andere Rückmeldung und Anregung.
Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass das von mir angeregte Gemeindefest zu Pfingsten sehr gut aufgenommen und gut besucht wurde, obwohl es an einem langen Wochenende stattfand, zu dem eigentlich viele Gemeindemitglieder verreisen. Die Veranstaltung war sehr einfach gehalten. Es gab einen Gottesdienst zum Themenbereich Gemeinschaft – Zusammenhalt- Verschiedenheit, in dem die einzelnen Gruppen vorgestellt wurden. Das Mittagessen im Anschluss wurde von den Gemeindemitgliedern selbst reichhaltig mitgebracht. Dabei gab es Gelegenheit zum Austausch und gegenseitigem Kennenlernen der verschiedenen Bereiche. Danach mussten sich die Teilnehmer in Gruppen aufteilen, sich vorstellen und Wünsche und Bitten für die Gemeinde formulieren. Das Fest endete mit einem kurzen Gebet. Der Gottesdienst war sehr gut besucht und zum Mittagessen und Gruppenaustausch blieben immer noch recht viele Gemeindemitglieder. Ich merkte auch, dass die Teilnehmer sehr dankbar dafür waren, dass sie einmal die Gemeinde näher kennenlernen konnten, länger beisammen waren und auch etwas Kulinarisches beitragen konnten. Mir erschien es, dass schon lange nicht mehr solch eine Veranstaltung in der Gemeinde statt fand.
Ich denke, ein Gemeindeleben braucht diese festen punktuellen Höhepunkte in bestimmten Abständen, wie ein Gemeindefest, Schulanfangsgottesdienst, Konfirmation, Jubelkonfirmation oder auch Tauferinnerungen. Es geht nicht darum eine Veranstaltungskirche zu werden, aber ich denke, ab und an besondere Gottesdienste zu gestalten und dabei auch bestimmten Themen oder Gruppen Aufmerksamkeit zu schenken, macht das Gemeindeleben lebendiger und zieht auch Menschen an.
Da die Gemeinde sehr groß ist und sich in ihr sehr viele unterschiedliche Gruppen wiederfinden, ist es in letzter Zeit zur Auseinandersetzung über einige ethische Themen gekommen. Hintergrund der Diskussionen war das Auseinandergehen einer Bibelauslegung in liberal-theologischer Tradition auf der einen Seite, welche historisch-kritische Erkenntnisse mit einbezieht, die menschliche Fehlbarkeit berücksichtigt und davon ausgeht, dass der Mensch die Bibel interpretieren muss und es dafür gewisse Maßstäbe gibt und auf der anderen Seite einer biblizistischen Bibelauslegung, welche die Bibel wortwörtlich nimmt, ihre Heiligkeit betont und versucht ihr in allen Aspekten im eigenen Leben gerecht zu werden.
Mir fiel es schwer bei den Auseinandersetzungen unbeteiligt zu bleiben, weil ich durch das Theologiestudium eher liberal-theologisch geprägt bin und sich dieser Umgang mit der Bibel schließlich auf meine Arbeit als Theologin, Seelsorgerin, Predigerin und Lehrerin auswirkt. Mit meinem Mentor tauschte ich mich intensiv darüber aus, wie mit solchen Diskussionen umzugehen ist. Ich konnte daraus lernen, dass es unerlässlich ist, bei solch einer Auseinandersetzung sachlich zu bleiben und dass persönliche Zuschreibungen den Konflikt eher vertiefen. Es ist hilfreich, nicht auf den Argumentationsaustausch zuschauen und ihn weiter voranzutreiben, wenn absehbar ist, dass es nicht zu einer Einigung auf der sachlichen argumentativen Ebene kommen wird. Viel wichtiger ist es, Verständnis für den Diskussionspartner zu schaffen, sich zu fragen, was hinter seiner/ihrer Meinung steht, warum sie zu ihren Ansichten kommen, mit was für einer Lebenssituation sie sich auseinandersetzen müssen und was für Lebenserfahrungen sie haben. Verständnis gewinnen heißt noch lange nicht, sich von der Meinung des anderen überzeugen zu lassen, sondern erst einmal mit ihr umgehen zu können.
Diese Herausforderung ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Vikariat auch eine Persönlichkeitsschule ist. Es geht nicht nur darum, bestimmte Fähigkeiten zu erlernen und zu vertiefen, sondern auch zu erfahren, wie ich mit Konfliktsituationen und Anfragen bzw. Kritik an mir als öffentlicher Person am besten und am konstruktivsten für mich selber umgehen kann. Hilfreich sind hierbei der Austausch mit meinem Mentor, die Gespräche mit Kollegen in Pfarrkonferenzen und eine kleine monatliche Gesprächsgruppe unter einigen Pfarrern und Theologiestudenten, die mein Mentor initiiert hat.

Ausblick
Das nächste anstehende Projekt ist die kleine Winterrüstzeit, die ich wieder, wie schon letztes Jahr mit begleite. Diesmal wollen wir mit den Jugendlichen über Spiritualität und Frömmigkeitsformen sprechen und diese ausprobieren.
Weil ein Kollege für drei Monate ausfallen wird, werde ich mehr Gottesdienste übernehmen und auch Religionsunterricht in der Deutschen Schule halten.
Für den ersten Advent ist ein Prüfungsgottesdienst geplant, am 2. Dezember wird es Prüfungen in den bibelwissenschaftlichen Fächern, Systematische Theologie und Geschichte der lutherischen Kirchen in Chile zum Zweiten Theologischen Examen geben. Außerdem werde ich einen Predigtentwurf und einen Unterrichtsentwurf mit Reflexion verfassen.

Und schon wieder Semesterbeginn, wo ist die Zeit nur hin?

Als ich den letzten Blog schrieb, hatte gerade das Semester begonnen. Nun ist die Zeit mal wieder so schnell vergangen, dass schon das zweite Semester dieses Jahres angefangen hat, während ich diese Zeilen schreibe. Ich muss mich einfach mit dem vollen Stundenplan, der mir vor allem das Studium aufbrummte herausreden. Es gab wirklich viel zu lesen und Hausarbeiten zu fabrizieren. Am Ende bin ich aber doch ganz heil durch das Semester gekommen und habe viele liebe nette Kommilitonen bekommen. Nun geht es weiter, zu dem mit einer neuen Herausfoderung. Ich vertrete für zwei Monate lang 6 Stunden Religionsunterricht und überlege nun fieberhaft, welche Themen der alttestamentlichen Texte, Themen der Lebenswelt der Grundschüler berühren und denke über spannende, dynamische, kreative Methoden nach.. Die eine Ferienwoche und die kurze, aber schöne Jugendfreizeit haben für das Semester Kraft gegeben und Mut gemacht. Das Rüstzeitenhaus, meiner Gemeinde am Strand, platzte mit insgesamt 29 Menschen fast aus allen Nähten. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen war sehr entspannt und angenehm. Schön war das auch ein Pfarrer aus der IELCH dabei war und seine Konfirmanden mitgebracht hatte. Ich war auch recht stolz, dass doch nicht wenig Jugendliche aus der Jugendgruppe meiner Gemeinde mit dabei waren. Das Klima war trotz des recht großen Altersunterschiedes und der Herkunft aus verschiedenen Gemeinden Santiagos, Valparaíso und Vinia del Mar sehr gut. Thema der zwei Tage war Bibel und Spiritualität. Nun ich bin ganz gespannt, wie die Jugendarbeit hier in Santiago weitergehen kann. Einige sind sehr motiviert, aber viele Jugendliche scheinen in Zeitproblemen zu stecken und lange Wochenenden erschweren es noch einmal Termine festzulegen. 
Mut machen aber auch die Treffen mit den Theologiestudenten und zwei weiteren Pfarrern, derselbige aus der IELCH, die mein Mentor initiiert hat. Wir tauschen uns aus, jammern über Probleme und Sorgen, lassen uns neue Ideen einfallen und ich bin dankbar für ihre interessanten Auslegungsideen.
Schade finde ich, dass in den letzten Monaten wenig aus der Lebensrealität von Gemeinde und Universität hinausgekommen bin. Nur die Auseinandersetzungen mit den chilenischen Bildungssystem und die zahlreichen, mitreißenden Fallbeispiele einiger Kommilitonen ließen mich in anderen Realitäten Chiles Einblick nehmen. Eine Kommilitone arbeitet als Inspektor einer technischen Schule, wo auch mal Stühle geschmissen werden können, eine andere Kommilitonin hofft, dass vielleicht einige Schüler doch ein paar mehr Chancen haben und studieren können. 

In Chile ist nun, wie vermutlich auch in Deutschland heißer Wahlkampf. Die meisten Chancen für den Präsidentschaftsposten hat eindeutig Michelle Bachelet aus der sozialistischen Partei, die schon einmal Präsidentin war. Es ist erstaunlich, wie populär sie derzeit ist, nachdem sie am Ende ihrer Regierungszeit unbeliebt war. Für die beiden Parteien aus den Mitte-Rechts-Sektor war es bisher sehr schwer, da eine Partei nun schon den dritten Kandidaten oder bis nun Kandidatin aufstellen musste, ob der zweite schon die Vorwahl innerhalb des Zusammenschlusses beider Parteien gewonnen hatte. Er war aufgrund von Depressionen abgetreten. Da war dann immer viel los gewesen, ganz in der Nähe meiner Kirche, wo seine Partei ihren Sitz hat.

 Im nächsten Blog werde ich gleich noch meinen Bericht über das letzte Semester hineinstellen, da kann sich der Leser noch etwas intensiver über das letzte Halbe Jahr informieren.


Mittwoch, 3. April 2013

Das neue Semester...



Das lang ersehnte Studium hat begonnen und ich war überrascht, wie viele Kommilitonen ich habe und was sie alle für eine spannende Geschichte haben. Viele arbeiten schon länger als Lehrer und müssen die pädagogische Ausbildung nachholen. Man merkt, dass sie alle Freude daran haben ihren Beruf noch einmal zu reflektieren und ihre Erfahrungen zu diskutieren. Ich glaube, ich werde viele interessante Menschen kennenlernen können.
Die erste Einheit: „Einführung in die Bildung“ gefällt mir sehr gut. Sie soll dazu anregen das, was in der Schule passiert kritisch zu bedenken. Es geht nicht darum vorgefertigte Informationen an die Hand zugeben. Es gibt für jedes Treffen einiges zu Lesen und es müssen kleine Arbeiten in Gruppenarbeit angefertigt werden. Auf den ersten Blick finde ich das schwierig. Ich kann verstehen, dass man die Texte und Themen mit anderen diskutieren soll, aber ob jemand nun alles begriffen hat und es anwenden kann, zeigt sich doch am ehesten darin, dass er den Text alleine verfasst, an Hand dessen dies dann überprüft wird. Außerdem ist die Gruppenarbeit ein ziemlicher Zeitaufwand. In Chile ist das aber eine sehr übliche Arbeitsmethode… In meiner Situation als Nichtmuttersprachlerin im Spanischen kommt mir die Gruppenarbeit allerdings sehr entgegen. Ich denke, dass meine Gruppe für die erste Arbeit gut zusammengearbeitet hat. Ich konnte viele Gedanken einbringen. Doch ich bin noch nicht so fähig wie meine chilenischen Partnerinnen, mich im akademischen Niveau schriftlich auszudrücken. Ich war erstaunt, wie sie das, was ich aussagen wollte, in präzise Sätze und Wortkonstruktionen festhielten.
Leider werde ich nun doch noch nicht selbst Religionsunterricht halten, sondern nur Praktikum machen, dass ich als Vertretung vorgesehen war, war in der Dt. Schule untergegangen. Das war für mich ein bisschen unschön, denn ich hatte mit der Verantwortung schon fest gerechnet. Wenigstens habe ich daraus gelernt, dass man sich bei solchen losen Vereinbarungen früh genug rückversichern sollte.
Sehr gut ist der Bibellesekreis angelaufen. Ich freue mich, dass die Gruppe weiter wächst. Dieses Semester lesen wir den ersten Timotheusbrief und den ersten Korintherbrief. Ich bin selbst überrascht, wie man durch die Diskussionen die Texte neu entdeckt.
Gespannt bin ich, wie sich die Jugendgruppe entwickelt. Es sind einige Schüler hinzugekommen, die sich auf dem Jugendlager angefreundet haben. Die älteren Jugendlichen ziehen sich dagegen mehr zurück und finden sich in dem Bibellesekreis wieder. Für mich ist es nicht so leicht herausfinden, was die Jugendlichen wollen und was sie motiviert. Ich will in diesem Semester schauen, dass die Initiative mehr von den Jugendlichen kommt, ich sie aber bei ihrer Eigenorganisation unterstütze und begleite. Ich habe dass Gefühl, wenn die Jugendlichen sich gegenseitig motivieren und einladen, stößt das auf  mehr Interesse. Nur fällt es ihnen nicht leicht sich zu strukturieren. Genau dabei kann ich dann helfen und mit ihnen Ideen entwickeln.

Den chilenischen Führerschein habe ich nun mittlerweile. Leider musste ich ihn recht bald neu beantragen, da ich mein Portemonnaie verloren hatte.

Freitag, 22. Februar 2013

Die letzten Wochen



Der Sommer vergeht nicht nur in Deutschland, sondern auch in Chile schnell und so habe ich seit fast zwei Monaten nichts in meinem Blog geschrieben.
Dabei ist es nicht so, dass es nichts zu erzählen gäbe, sonst wäre die Zeit ja nicht so schnell verstrichen.

Nachdem ich am 6. Januar etwas traurig meine Eltern verabschiedet hatte, bin ich am 7. Januar in den Süden gefahren und konnte endlich ein Herzstück der Jugendarbeit der ILCH kennenlernen: die Jugendrüstzeiten am Llanquihuesee in Puerto Fonck. Blick auf Vulkan und See sind dort traumhaft schön. Das Wasser ist warm und klar und ich konnte endlich wieder einmal schwimmen.
Zuerst fand ein Vorbereitungslager mit den älteren Jugendlichen statt. Das Thema „Gemeinsam geben wir der Kirche leben“ wurde intensiv mit vielen Bibeltexten beackert. Wir hatten uns viel vorgenommen. Es sollte nicht nur um die Umsetzung in der Praxis, sondern auch um die theologischen Grundlagen und Einstellungen gehen. So lasen wir Texte, die die eigenen Schwächen nicht als Hindernisse sehen und die Inklusion aller in die Gemeinschaft fordern. Außerdem setzten wir uns auch mit Taufe und Abendmahl als Grundpfeiler der christlichen Gemeinschaft auseinander. Es gab also viel Stoff zu bewältigen. Nebenbei wurden zur Entspannung die praktischen Dinge vorbereitet, Ablaufplan, Gruppeneinteilungen, Speiseplan, Einkäufe, Spiele und und und.
Das Konzept der Jugendlager ist genial: die älteren Jugendlichen bereiten in einer eigenen Rüstzeit das Jugendlager vor organisieren es in der zweiten Woche. Dabei werden sie in beiden Wochen von einem Pfarrer begleitet werden. Seit einigen Jahren macht dies Pfarrer Rodolfo Olivera aus Viña und Valparaíso. Rudy ist selber als jüngerer und älterer Jugendlicher auf den Rüstzeiten gewesen.
In der zweiten Woche fand dann das Jugendlager für die jüngeren Jugendlichen statt, wo die Älteren, die Jüngeren betreuen und ihr Wissen aus der ersten Woche weiter vermitteln. Vormittags werden im Plenum und in kleineren Gruppen die Themen besprochen, nachmittags gibt es Workshops, Wettkämpfe und Erholung am Strand. Abends gibt es weitere Aktionen, welche die Themen noch einmal aufgreifen.
Die Jugendlager sind ein wichtiger Ort, wo Freundschaften geschlossen werden, Jugendgruppen sich bilden, Jugendliche Kontakt zur Kirche haben, sich mit religiösen Themen und eigenen persönlichen Themen auseinandersetzen können.

Die zwei Wochen nach dem Jugendlager bis zum Urlaub vergingen mit Treffen, bürokratischen Erledigungen und Vorbereitungen für dieses Jahr wie im Flug.
Dann für ich mit Leo, Santi und Leos Mutter eine Woche nach Uruguay. Wir haben uns die Küste mit malerischen Stränden und warmen Badewasser angeschaut. Es gab Quallen zu bestaunen oder zu beängstigen, Santi wurde eingebuddelt, auch schauten wir uns den urigen Stadtkern von Colonio del Sacramento an. Wir beneideten ein wenig die Bewohner Montevideos für ihre Strände und die riesige Strandpromenade. Genial finde ich, dass sie egal bei welcher Gelegenheit immer eine Thermoskanne mit heißem Wasser und ihren Matebecher bei sich haben. Wir hatten das Gefühl, dass die Menschen in Uruguay sehr entspannt sind. Man merkte auch gar nicht so richtig, dass Montevideo eine Hauptstadt ist. Aber vielleicht lag das daran, dass dort auch gerade Ferienzeit war. Wir sind viel gelaufen und ich glaube, Santi und Leos Mutter wurden von meiner Lauffreude ein wenig gestriezt..
Als wir aus Montevideo zurückkamen, erhielt ich Besuch von Nicole, einer Freundin und ehemaligen Kommilitonin aus Leipzig. Sie macht gerade eine sechswöchige Südamerikareise. So konnte ich mit Genuss wieder in ein bisschen in die Leipziger Welt eintauchen und Neuigkeiten erfahren. Wir tauschten uns auch viel über theologische und liturgische Fragen und alles Mögliche aus.
Nicole fuhr nach zwei Tagen in den Norden Chiles und ich nach San Antonio zu Leos Familie. Dort fand letzte Woche die kirchliche Trauung von Leos jüngster Schwester statt. Dies ist nun dritte insgesamt und die erste katholische Hochzeit, die ich miterleben durfte. Mir hat sie aber sehr gut gefallen.
Da mag es verwundern, dass ich bei meiner geringen Hochzeitserfahrung nun diese Woche bei einer weiteren katholischen bzw. ökumenischen Trauung in Vertretung der lutherischen Kirchen mitwirken darf und eine andere kleine lutherische Haustrauung gestalten werde. Alle Pfarrer sind im Urlaub und ich halte diese Woche die Stellung hier, übernehme Beerdigungen, die Trauungen und gestalte am Sonntag die Gottesdienste.

Nebenbei wiederhole ich gerade meine Kenntnisse der Autofahrkunst, denn ich will die Prüfungen für den chilenischen Führerschein absolvieren, damit ich mich auch hier auf legale Weise hinters Steuerrad setzten kann, wenn es einmal notwendig ist.

Die nächste Woche wird noch ruhig sein in Santiago und dann beginnt die Schule wieder, somit auch die Veranstaltungen in der Gemeinde und ab dem 19. März für mich die Universität. Ja, nun ist es sicher, dass ich Pädagogik studieren werden. Ich bin schon ganz gespannt und hoffe, dass ich das gut mit der Vertretung im Religionsunterricht an der Deutschen Schule, die ich übernehmen werde, verbinden kann.

Montag, 31. Dezember 2012

Die letzten Tage im Jahr





Eigentlich sollte es ein Weihnachtsgruss werden und die Andersartigkeit der chilenischen Advents- und Weihnachtszeit schildern, doch nun sind die Weihnachtstage, wenn auch nicht die Weihnachtszeit schon wieder vorbei und die Chilenen fiebern den letzten Stunden im Jahr entgegen. 
die gefuellten Tomaten
Die Freude und der Lobgesang der Hirten
Weihnachten habe ich gut verbracht in Gesellschaft meiner Eltern, die uns gerade in Chile besuchen, mit Leos Mutter, Leos Sohn Santi und Leo. Ich habe mich gefreut, dass Leos Mutter zum ersten Mal Heiligabend ausserhalb ihres Hauses verbracht hatte, dadurch konnten wir alle gemeinsam feiern.  Ich konnte leider nicht Heilig Abend in San Antonio sein, weil ich einen deutschen Abendgottesdienst hatte. Leider trennte uns die Sprache von einem gemeinsam erlebten Gottesdienst, da meine Eltern kaum Spanisch koennen und Leos Mutter kein Deutsch. Dennoch haben wir den Abend sehr schoen verbracht, mit Truthahn und traditionell chilenischen gefuellten Tomaten, Gespraechen und Geschenken. Es ist schon etwas aussergewoehnliches und eine grosse Ehre, wenn man mit den Eltern und Schwiegermutter feiern darf. So ist mir die Weihnachtsbotschaft noch einmal naeher gekommen. Gott teilt mit uns, gibt sich in unsere Situation hinein, so teilen auch wir weiter und nehmen uns Zeit fuer einander, lernen einander kennen versuchen einander, ueber Laender, Kulturen und Sprache hinweg zu verstehen.
der Strand
Lustigerweise war das Wetter sehr kuehl und frisch. Wir dachten, dass es noch regnen wird.
Ich war ganz froh, dass mein Gottesdienst ohne Probleme ueber die Buehne gegangen gegangen ist. Leider war es kein Krippenspiel, sondern nur eine Darstellung mit Gegenstaenden  und klassischen Liedern und kindgerechten Erklaerungen geworden. Es hatten sich einfach zu wenig deutschsprachige Kinder gemeldet. Am 25. sind wir dann nach San Antonio gefahren und haben Leos Mutter wieder in ihre heimischen Gefilde gebracht und mit Leos Geschwistern Weihnachten gefeiert
Gestern hatte ich noch drei Gottesdienste zum Jahresende und nun laufen schon die letzten Stunden des Jahresendes ab. Den Tag haben wir entlang der Kueste verbracht und nun sind wir wieder in San Antonio, wo wir den Jahreswechsel mit Leos Familie begehen werden. Schon drudeln die Familienangehoehrigen ein (Leo hat 4 Geschwister und 8 Nichten und Neffen), so dass ich mich fuer dieses Jahr verabschiede.
nebenbei waren wir noch im Cajon de Maipo wandern
Ich wuensche allen ein gesundes, gesegnetes und mit schoenen Ueberraschungen reiches Jahr. 
Eure Hanna

Montag, 3. Dezember 2012

Erster Advent und Volkstrauertag




Während ihr euch es in Deutschland gemütlich macht mit Räuchermännchen (ich muss an meine liebe Mitbewohnerin Anni denken), Nussknacker, Herrnhuter Stern, Plätzchen, Adventskranz, Kerzen und Adventsliedern fange ich an in meinem Talar zu schwitzen und wippe zu fröhlicher Gospelmusik hin und her.
Alle Jahre wieder kommt die Adventszeit schneller als der Kopf es will, aber Herz und Seele brauchen sie.
Ich hatte am Sonntag die Ehre die Gemeinde zum Warten und zum Erwarten der Menschwerdung Gottes einzuladen. Und dabei hatte ich das besondere Glück, dass der ökumenische und nun sogar schon internationale Chor Santiago Gospel, welcher in den Räumen der Gemeinde regelmäßig probt, mich dabei begleitet hat oder besser, dass ich ihn begleiten durfte. Als ich in der Vorbereitung über Gospelmusik nachdachte und mir anhörte fiel mir auf, wie viele Parallelen sie zu Advent und dem vorgeschlagenen Predigttext für den ersten Advent, dem Lobgesang des Zacharias hat.
Die Menschen, welche den Gospel erfanden, waren genau wie Zacharias nicht frei und sie sehnten sich nach besseren Lebensbedingungen. Mit all ihren Sorgen und Nöten wandten sie sich an Gott, um ihm zu bitten, zu loben, aber auch um ihm zu danken und zu hoffen, wie es Zacharias tat. Der Gesang ließ ihre Probleme eine zeitlang vergessen, der Gesang erleichterte ihr Leben. Er gab ihnen Geduld auf ein besseres Leben zu warten. Inne zu halten, sich an Gott zu wenden hilft auch uns und gibt uns Geduld zu warten. Und natürlich, wenn wir dazu diese ansteckende Musik hören dürfen, ist es noch leichter. So ging es mir jedenfalls. Unbewusst habe ich bei fast jedem Lied mitgesungen.
Und sogar ein bisschen deutsche Adventsstimmung ist bei mir aufgekommen. Mein Mentor stellte den Adventskranz auf das Taufbecken mitten in die Kirche, mir wurde Tannengrün geschenkt und mit der Gemeinde konnte ich „Macht hoch die Tür die Tor macht“ weit singen.
 
Schon vor zwei Wochen durfte ich bei einem besonderen Gottesdienst mitwirken. Am vorletzten Sonntag im Kirchenjahr feiern die deutschsprachigen Gemeinden in Santiago (katholisch St. Michael; Versöhnungsgemeinde – IELCH und die meine Gemeinde, die Erlösergemeinde) jedes Jahr einen gemeinsamen Gottesdienst anlässlich des Volkstrauertages. Der Pater der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Bruno Romahn predigte, der deutsche Botschafter hielt eine Rede, der Chor „Frohsinn“ sang, ich war für die Organisation und die Liturgie zuständig. Bruno Romahn hat die Zeit des zweiten Weltkrieges miterlebt und ist schon über 80 Jahre alt. Ich fand seine Botschaft sehr spannend. Er fragte die Gemeinde, wie es eigentlich um den Kameraden, den wie heute an unserer Seite haben, steht. Wie gehen wir mit unserem Nächsten um? Was könnten die Weltkriege uns dafür gelehrt haben?
Nach dem Gottesdienst meinte der neue deutsche Botschafter Hans-Henning Blomeyer-Bartenstein, dass wir uns bestimmt einmal sehen würden, weil er evangelisch sei. Das fand ich sehr nett.