Blick aus dem Fenster unserer Wohnung |
Der Winter ist noch nicht vorbei. Bis jetzt war er sehr
trocken. Nun hat es endlich einmal geregnet. In Chile gibt es den Spruch „Que
pase el agosto!“ Dass doch der August vorüber geht. Erst dann wird es wirklich
wieder wärmer. Auch meint man, dass, wen ein alter und kranker Mensch nicht im
August stirbt, er noch lange leben wird.
Das zweite „Semester“ hat begonnen. Die Veranstaltungen in
der Kirche finden wieder statt.
In den Altersheimen
Ich mache jetzt regelmäßig Besuche in zwei Altersheimen. In
beiden wird sehr viel Deutsch gesprochen. Eine Dame, die ich besuche,
beeindruckt mich sehr. Sie ist erst mit ca. 75 Jahren nach Chile gekommen, weil
ihr einziger Sohn eine Chilenin geheiratet hat, ihr Mann aber schon vor langer
Zeit gestorben ist. Sie war selbst sehr aktiv in der Kirche gewesen. Sie gibt
mir immer Tipps, wen ich alles im Altersheim besuchen kann. Nach den Gesprächen
versuche ich immer die Themen zu notieren. Da es mittlerweile einige (vor allem
Damen) sind, die ich besuche, verliere ich doch langsam den Überblick, wer mir
was erzählt und wie die Biografie ist.
Eines der Altersheime
ist offiziell mit der Kirche verbunden.
Dort mache ich gerade vertretungsweise einmal im Monat zweisprachige
Gottesdienste. Normalerweise macht das Richard Wagner, ein Pfarrer in Rente. Er
ist aber derzeit auf Deutschlandbesuch. Das ist für mich eine gute Übung vor
kleinerem Publikum. Ich kann mir die Themen und Texte frei aussuchen.
Gottesdienste
In der Gemeinde habe ich einmal im Monat
„Gottesdienstdienst“. Meistens muss ich immer zwei Gottesdienste halten. Einen
auf Spanisch und einen auf Deutsch, manchmal sind es auch drei Gottesdienste.
Für mich ist die Vorbereitung noch recht aufwendig. Meistens schreibe ich die
Predigt auf Deutsch und übersetze sie dann. Es ist nicht ganz doppelte Arbeit,
aber vielleicht die Hälfte der Vorbereitung von einem Gottesdienst. Im
Spanischen bin ich oft nicht zufrieden, weil ich doch nur eingeschränkte
„Ausdruckskapazitäten“ besitze. Wir benutzen hier die gleiche Perikopenordnung,
wie die sie sich in der deutschen Agende vorfindet. Mich erwischen meistens die
Paulustexte, so dass ich sehr zu „Erklärpredigten“ neige und die Einfühlung in
die Situation von Paulus als Aufhänger nehme. Im Juli ging bei jedem
Gottesdienst irgendetwas schief. Im ersten dt. war das Mikro zu leise und ich
habe die Hinweise zum Aufstehen vergessen, ansonsten klappte es aber gut. Beim
spanischen merkte ich, dass ich nicht ausreichend genug auf die Beherrschung
der Texte vorbereitet hatte. So fit bin ich einfach noch nicht, dass ich aus
der kalten heraus vom vorbereiteten Predigtablauf abkommen kann. Auch habe ich
den Psalm zu schnell angesagt und den Gottesdienstbesuchern war nicht klar, wie
der gelesen werden sollte. Im zweiten deutschen Gottesdienst hatte ich völlig
vergessen, dass ich die Begrüßung erst nach dem ersten Lied machen wollte. Die
Gottesdienste diese Woche liefen schon viel besser ab. Diesmal hatte ich meine
spanische Predigt einmal vorher durchgelesen und verbessert. Allerdings habe
ich beim deutschen Gottesdienst das Fürbittengebet und das Vater Unser
vergessen. Aber da dies ein Abendgottesdienst ist, hat vielleicht annehmen
können, dass ich dies mit Absicht getan habe, um den Gottesdienst zu verkürzen…
Diese Woche habe ich mich zum ersten Mal getraut ein Lied mit der Gitarre zu
begleiten und es hat ganz gut geklappt und kam auch gut an. Wie die
Gottesdienste und Predigten allerdings im Allgemeinen ankommen erfahre ich sehr
selten. Die Besucher bedanken sich meistens und verschwinden dann schnell. Das
ist für mich ein bisschen seltsam. So erfahre ich nicht, was ich verbessern
sollte und ob man meinen Gedanken gut folgen kann. Ich habe mir vorgenommen mal
ein Predigtnachgespräch zu machen.
Mittlerweile wissen schon viele Gemeindemitglieder, wer ich
bin. (Dank der Gottesdienste und einem Interview, was ich einer
deutschsprachigen Zeit hier, dem „Condor“ geben musste.) Mir ist dann meistens nur
das Gesicht vertraut, was dann immer etwas peinlich ist. Aber wenn ich den
Mitgliedern nur nach dem Gottesdienst kurz ins Gesicht schauen kann, ist es schwierig,
sie richtig kennenzulernen und sich zu merken, wer nun wer ist.
Aktivitäten der
Gemeinde
Chile ist ja ein einziger Strand |
Mein Junger-Erwachsener-Kreis mit Bibellektüre hat auch mit
viel Energie angefangen. Der Kreis hat sich um einige Teilnehmer vergrößert.
Wir sind jetzt bei Abraham angekommen und haben uns für dieses Semester die
Erzelterngeschichten vorgenommen. Auch die Jugendgruppe hat eine Planung mit
spannenden Themen aufgestellt.
Sehr interessant und hilfreich sind für mich auch die
Treffen mit einer Gruppe, in der wir ein systematisch-theologisches Einführungsbuch
von Theologen der evangelischen Fakultät in Buenos Aires lesen („Nuestra Fe“).
Das Buch ist sehr gut und leicht lesbar geschrieben und ich bin jedes Mal bei
der Vorbereitung begeistert. Die Herangehensweise der beiden Theologen ist sehr
nachvollziehbar für mich. Außerdem kann ich mein theologisches Vokabular
erweitern und neue Ausdrucksmöglichkeiten entdecken.
In der Gemeinde trifft sich ein ökumenischer Gospelchor. Sie
hatten im Juli einen Gottesdienst ausgestaltet. Da habe ich Feuer gefangen. Ich
vermisse die Singerei sowieso ein bisschen. Am Montag war die erste Probe. Man
kommt schnell in die Lieder rein. Die Mitsänger sind sehr offen und freundlich,
recht international. Es geht in dem Chor vor allem darum jeden integrieren und
Freude am Singen zu haben, ohne irgendwelchen Leistungsdruck. (Haha, da habe
ich gleich zum Besten gegeben, dass man mich in Dresden mal aus einem
Gospelchor rausgeworfen hatte, weil ich zu schlecht war…Ich denke, es lag eher
daran, dass ich mich auch nicht 100% wohl gefühlt hatte, integriert wurde und
dem entsprechend kein Selbstbewusstsein hatte.) Ich weiß aber nicht, ob ich,
wenn sie dann im November jede Woche proben immer hingehen kann.
Webseite der ILCH
Neben dem Besuch und der Mitarbeit in den einzelnen Gruppen habe
ich ein Webseitenprojekt für die Gesamtkirche begonnen. Ein Gemeindemitglied
und Theologiestudent Miguel kümmern sich um die technische Dinge und
Gestaltung. Ich habe davon ja nicht wirklich viel Ahnung und quäle mich auch
ein bisschen durch. Aber immerhin habe ich gelernt, wie man so eine Seite
aktualisieren kann. Ich koordiniere, dass Texte verfasst werden und habe auch selber
Texte geschrieben, Bilder zusammen gesucht. Nun ist die Seite schon sichtbar,
aber es fehlen noch ein paar Inhalte. Da die Server manchmal nicht so flott
sind, kann man mit so einer Webseitenaktualisierung sehr viel Zeit verplempern.
Leider haben auch nur wenige der Gemeinden Inhalte geschickt, um die Seite noch
attraktiver zu machen. Hier der Link: www.iglesialuterana.cl
Was sonst noch
passiert
Santi im Schnee |
Leo arbeitet bei einer staatlichen Bank, wo die Mitarbeiter
an ihrem Geburtstag frei haben. Das haben wir am 20. Juli ausgenutzt und sind
ins „Cajon de Maipo“, ins Flussbett oder Tal des Maipo gefahren. Ganz weit oben
in den Bergen lag dann auch noch dicker Schnee, den man ja sonst nur weit weg
auf den Bergen sehen kann, wenn es mal geregnet hat.
Letzte Woche war ich in einem spannenden chilenischen
Kinofilm („NO“) über die Entstehung eines Kampagnefilmes gegen die Verlängerung
der Regierung Pinochets im Jahre 1988. Vor der Volksabstimmung konnten beide
Seiten Werbefilme 15minütige Werbefilme senden. Sehr interessant ist es, dass
die No-Kampagne mit Erkenntnissen der Werbeforschung arbeitete und auf ein
fröhliche, bunte, positive und Stimmung machende Atmosphäre setzte. Der Trailer
auf Spanisch: http://www.youtube.com/watch?v=L43ZTdVozLQ
Ich vermute ganz stark, der Film auch in deutschen Programmkinos zu sehen sein
wird.
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