Dienstag, 24. April 2012

Die Albert-Schweitzer-Schule



Als ich mich in Leipzig verabschiedete verschenkte ich Dinge, die ich nicht mit nach Chile nehmen wollte und bat meine Abschiedsfeiergäste um eine Spende für eine Schule. Diese Spende habe tatsächlich abgegeben. Am Samstag habe ich diese Schule, die Albert-Schweitzer-Schule, mit einer Gemeindegruppe erneut besucht und möchte ein wenig von dem Ort berichten, wohin das Geld letztlich gekommen ist.
Blick von Schule auf Población
Um zur Albert-Schweitzer-Schule zu gelangen, muss auf der Stadtautobahn quer durch die ganze Stadt fahren. Am anderen Ende der Stadt, gar nicht leicht zu finden, mitten in einer Población (so werden die Armenviertel in Chile bezeichnet) befindet sich die Schule.
Die Schule wurde vor ungefähr 10 Jahren von einem Gemeindeglied, Sabine Köhler gegründet. Sie ist noch heute die Koordinatorin der Schule. Sabine Köhler und die Direktorin der Schule Sinara Maladozzo, welche ebenso mit der Gemeinde verbunden ist, weil sie die Frau einer drei Pfarrer ist, führten uns durch die Schule. Wir lernten auch einige Schüler und Eltern, Mitarbeiter und das Ehepaar, welches die Schule bewacht, kennen.
Die Schule hat ein sehr klares Ziel: Sie will nicht nur eine Schule für Kinder und Jugendliche mit schwieriger ökonomischer Situation sein, sie versucht auch Schüler zu integrieren, die aufgrund von Verhaltensschwierigkeiten schon in mehreren Schulen gescheitert sind und ermöglicht ihnen, dass sie wenigstens ihre Schulausbildung bis zur achten Klasse vollenden. (Solch eine Schule ist im chilenischen, sehr ungerechten Bildungssystem, in dem gute und Spezialschulen sehr teuer sind, unheimlich wichtig.) Einige der Schüler wiederholen Schulklassen und holen den Stoff auf, den sie vorher verpasst haben. Es gibt 18jährige, die in die achte Klasse gehen. Viele Kinder kommen aus einem schwierigen Elternhaus. Abgesehen von finanziellen Schwierigkeiten, sind einige schon mit Kriminalität, Gewalt und Drogenabhängigkeit konfrontiert. Einige der Eltern wissen nicht, wie sie ihre Kinder erziehen sollen. Oft fehlt der Vater. Für die Lehrer ist die Arbeit mit den Kindern eine große Herausforderung. Von Seiten der Schüler und Eltern wird Gewalt oftmals als einzige Lösung gekannt. Eine Mutter erzählte, wie sie bei einem Gespräch zwischen einer anderen Mutter und Kind mithörte, dass die Mutter ihrem Kind empfahl einfach zurück zuschlagen.
Der Garten
In der Albert-Schweitzer-Schule versuchen die Mitarbeiter in den Kindern Respekt und Liebe gegenüber sich selbst und dem Nächsten zu stiften. Dies geschieht nicht nur durch bestimmte Regeln im Klassenraum, auch durch AGs am Nachmittag in denen überschüssige Energie und Aggression kanalisiert werden können und durch Projekte, in denen Umweltbewusstsein geweckt wird. Die Schule hat zum Beispiel einen Schulgarten, Recyclingprojekte, eine Bibliothek und eine Kung-Fu-Schule. Zudem gibt es für die Kinder psychologische Betreuung, Einzelunterricht. Außerdem wurden Mitarbeiter eingestellt, die sich um das soziale Netzwerk der Schule kümmern. Die Anzahl der Schüler beträgt nicht mehr als 25 pro Klasse, obwohl es in Chile bis zu 40 Kinder sein dürfen. Zu häufige Fehlstunden werden sanktioniert, denn wer oft fehlt, erhält weniger Wissen und bestraft sich letztlich selbst. Die Lehrer wollen den Kindern beibringen, dass Bildung wertvoll und nützlich ist. Auch auf gesunde Ernährung wird geachtet. Eine Mutter verkauft in ihrem kleinen Pausenladen nur gesunde „Snacks“, wie Obst und Gemüse.
Hier sollen Gebäude für die Oberstufe entstehen
Bis jetzt geht die Schule nur von den beiden Vorschuljahren bis zur achten und letzten Grundschulklasse. Das Gelände nebenan für eine „Mittelschule“ zur Ausbildung in vier weiteren Schuljahren ist schon gekauft. Bisher mussten sich die Schüler zur Vollendung ihrer Schulausbildung eine andere Schule suchen. In Zukunft können sie sich dort ihre Ausbildung fortsetzen. Der Schwerpunkt soll vor allem auf der Grundausbildung und Vorbereitung zu praktischen und „technischen“ Berufen liegen. Des Weiteren möchte man auch Vorträge zu Erziehung und sozialen und gesellschaftlichen Themen für die Eltern anbieten.
Die Schule begann als ein Projekt meiner Kirchgemeinde. Mittlerweile ist sie unabhängig, steht aber immer noch in Verbindung mit der Gemeinde und wird finanziell, wie ideell von ihr unterstützt. So vermietet die Gemeinde etwa eine Wohnung und das Geld kommt der Schule zugute.
Auf der Rückfahrt unterhielt ich mit der Koordinatorin Sabine. Ihre Einstellung ist, dass es viel wichtiger ist, die Worte Jesu mit den Kindern zu leben und ihnen plastisch zu machen, anstatt sie ihnen nur zu erzählen. So erfahren sie viel mehr vom Evangelium Jesu Christi.

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