Dienstag, 25. September 2012

Krankenhausseelsorge in Chile



Am Montag hatte ich wieder einmal mit der „ONAR“ dem Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten zu tun.
Die Krankenhausbesuche aller Geistlichen und Freiwilligen aus religiösen Gemeinschaften wurden und werden neu geregelt. Bisher konnte jeder Patient einfach so besucht werden. Die katholischen Geistlichen hatten damit bisher kaum Probleme, sie wurden fast immer zu den Patienten gelassen. Doch  Freikirchlern und Pfingstlern wurde der Weg zu den kranken Gemeindemitgliedern oft versperrt.
Nun vergibt die ONAR von der Regierung aus für jeden Geistlichen und Freiwilligen aus den verschiedenen religiösen Gemeinschaften Ausweise, welche zum Besuch berechtigen. Zum Patienten wird man aber nach dem neuen Gesetz über die Rechte und Pflichten des Patienten nur gelassen, wenn dieser den Wunsch nach dem Besuch des Geistlichen oder eines Geistlichen seiner religiösen Herkunft ausgedrückt hat. Bei Eingang in das Krankenhaus wird die religiöse Identität erfasst.

Um diesen Ausweis zu erhalten, muss mein einen kleinen informativen Einführungskurs besuchen. Dieser hat mich nachdenklich gestimmt.
Aus der Sicht meiner Erfahrungen mit Krankenhausseelsorge in Deutschland halte ich den Besuch allein auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten für problematisch.
2007 hatte ich ein Seminar zur Krankenhausseelsorge gemacht und dabei jede Woche Patienten des Diakonissenkrankenhaus` in Leipzig besucht, die zumeist nicht nach einem Besuch gebeten hatten. Meine Erfahrung war gewesen, dass nur wenig Patienten sich einen seelsorgerlichen Besuch einfordern. Wenn ihnen aber ein Gespräch angeboten wird, nehmen sie dies oftmals dankbar an. Oftmals merken die Patienten im Gespräch, wie gut die Zuwendung, das Ohr eines Fremden tut. Überhaupt denke ich, dass ein Krankenbesuch zum meist bei der Initiative und des Angebots des Besuchers liegt. Wir hören vom kranken Freund und es selbstverständlich, dass wir nach dem Rechten schauen und unsere Begleitung und Unterstützung anbieten. Der Patient braucht Zuwendung. Und nicht immer kann er sie ausdrücken oder traut sich diese auszudrücken oder kommt auf die Idee sie auszudrücken. Die Initiative zum Krankenbesuch ist zudem eine der stärksten Ausdrucksformen christlicher Nächstenliebe, welche die Gottesliebe an den anderen vermittelt.

Doch die Situation in Chile ist recht komplex. Chile ist offiziell ein laizistischer Staat. Die Tradition, dass sich kirchliche Vertreter, wie Krankenhausseelsorger in den Krankenhäusern frei bewegen dürfen gibt es anscheinend nicht. (Darüber werde ich noch mal nachforschen…) Vermutlich war die Krankenhausseelsorge bisher eher von den Katholiken bestimmt. Doch mit dem Wachsen der evangelischen Kirchen ist es zu einer Konkurrenzsituation gekommen, die geregelt werden muss. Ich vermute, dass man vermeiden will, dass die Krankenhäuser als Missionsfelder genutzt werden.
Und gut, wenn ich als Geistlicher von der Krankheit eines Gemeindemitglieds erfahre, kann ich den Wunsch nach einem Besuch auch durch die Angehörigen erfragen oder kann mich in den Besuchzeiten vorstellen.

Der Kurs war nicht schlecht. Man erhielt gute Tipps zum Thema Hygiene und Vermeidung von Infektionen. Man wurde auf die spezielle Situation eines Besuches im Krankenhaus sensibilisiert und auf bestimmte Regeln aufmerksam gemacht. Außerdem wurde das oben erwähnte neue Gesetz erklärt und geschildert, wie man nun versucht das Gesetz umzusetzen.

Ich denke der Ausweis ist eine gute, wenn auch natürlich sehr bürokratische Erfindung, aber er schafft Gleichheit und hoffentlich auch mehr Sicherheit.
Ich bin gespannt, wann ich meinen ersten Krankenhausbesuch haben werde.

Donnerstag, 13. September 2012

Der weiß-rot-blaue September





Nun weht die chilenische Fahne auch vor meinem Haus. Seit dem ersten September sind sie immer mehr an den Gebäuden zu sehen. Jetzt hat fast jedes Gebäude eine Fahne. (Das war zur Zeit der Militärregierung sogar Pflicht.) Die Supermärkte füllen sich ebenfalls mit Fahnen, Girlanden und Schmuck in weiß-rot-blau, außerdem werden Grillutensilien, Wein, Chicha und Empanadas feilgeboten, alle andere Geschäfte und Institutionen schwelgen ebenfalls in weiß-rot-blau… Das „Dieciocho-fieber“ ist ausgebrochen. Wer einmal im September in Chile gelebt hat, weiß ganz genau was das heißt. Die Woche um den 18. und 19. September herum liegt das ganze Land lahm, um zu feiern. Der gute chilenische Wein wird genossen, chilenische Köstlichkeiten wie Empanadas werden verzehrt, es wird zu Hauf gegrillt, aber auch das Tanzbein geschwungen, vor allem die Nationaltänze Cueca und Cumbia. Die Kinder haben in den Schulen Auftritte, man geht auf eine Fonda oder Ramada um sich zu vergnügen. Der Frühling beginnt, das Wetter wird wärmer, es weht ein angenehmer wird und man lässt Drachen steigen. Dabei wird natürlich auch einiges an Geld ausgegeben, aber dafür bekonnt man auch einen Dieciochobonus.
Oft fahren die Chilenen weg, um die zwei freien Tage auszunutzen. Dieses Jahr kann das eine ganze Woche werden, weil der 17 auch offiziell frei ist und viele sich dann den 20. und 21. auch noch freinehmen. Die Staus aus Santiago heraus, werden bestimmt Kilomeeeeeeeeeeeeeeeeeeeterlang werden. Übernachtungsmöglichkeiten sind oftmals schon frühzeitig ausgebucht. In der Gemeinde fallen viele Veranstaltungen aus (Aber natürlich nicht die Gottesdienste, am 23. 09. bin ich wieder dran und habe meine erste Taufe.)
Am 18. September 1810 wurde Chile unabhängig und als eigenes Land gegründet. Der 19. September ist der Militärparade gewidmet.
Ich bin mal gespannt ob ich noch ins Dieciochofieber gerate. Vermutlich werden wir Leos Mutter in San Antonio besuchen. Vielleicht auch eine oder andere Veranstaltung hier in Santiago.
Mich fasziniert es unheimlich, wie sich einem Land alle zur gleichen Zeit auf das gleiche konzentrieren, das gleiche erleben, erfahren und machen. In Deutschland kann man so etwas schwer finden. Vielleicht ist es ein bisschen mit der Fussball-WM vergleichbar oder wenn Massenbewegungen entstehen, auch Weihnachten kommt da noch ein bisschen ran. Ich finde es schön, dass hier die Menschen etwas haben, was sie gemeinsam teilen und sie vereint. Für ein paar Tage lassen sie es sich gut gehen und vergessen den Alltag. Feiern zu können, ausgelassen sein ist, glaube ich, auch eine Ausdrucksform der Dankbarkeit für das, was man im Leben geschenkt bekommen hat.
Felices fiestas, feliz 18!!!!!!!!