Donnerstag, 22. März 2012

Treffen in Puerto Montt und erster Eindruck von der ILCH

Blick vom lutherischen Pfarrhaus auf Meer und Kordilleren
Am 15.03. sollte meine Zeit als Vikarin in der kleinen lutherischen, chilenischen Kirche (Iglesia Luterana en Chile, ILCH) beginnen und schon am 14. machte ich mich abends auf den Weg zum Treffen der Pfarrer und der Synode der Kirche. Das bedeutete für mich eine mehr oder weniger gemütliche Nacht im Bus zu schlafen, um am nächsten morgen im 1000 km südlich von Santiago gelegenen Puerto Montt wieder aufzuwachen. (Damit hatte ich nicht einmal ein ganzes Viertel der Ausdehnung Chiles bereist...) Puerto Montt ist 120.000 Einwohner große Hafenstadt, wo Pazifik und Anden sich vereinen.
Bei dem Treffen waren acht der zehn Pfarrer zugegen, welche in der klitzekleinen Kirche arbeiten. Allein Größe eines Pfarrkonvents macht somit die ganze Pfarrerschaft aus. Interessant ist die Verteilung der Pfarrer und der Gemeinden ausschließlich im südlicheren Teil Chiles (Jetzt wird’s topografisch und kompliziert. Nebenan gibt es einen Link mit einer Karte, der hoffentlich funktioniert.), weil sich vor allem dort die deutschen Einwanderer lutherischen Glaubens ansiedelt hatten. Ein Pfarrer betreut die Gemeinde in Valparaiso, drei Pfarrer inklusive des Bischofs arbeiten in Santiago. Fährt man die Panamericana Richtung Süden, finden sich die Gemeinden in Los Angeles und Temuco, welche von einem Pfarrer betreut werden. Noch weiter südlich, nicht weit weg vom Meer, gibt es in Valdivia eine weitere Gemeinde mit einem Pfarrer. Folgt man weiter der Panamericana, stößt man in Osorno auf eine weitere Gemeinde. Auch am Llanquihuessee gibt es zwei Gemeinden, außerdem in dem kleinen Örtchen Chamiza und in Puerto Montt und Umgebung ein Zusammenschluss von mehreren Gemeinden (Südgemeinde), wo derzeit eine Pfarrstelle vakant ist.
Für mich gab es bei den beiden Treffen zunächst viel zu hören, zu verstehen und zufragen.  Ich konnte meine zukünftigen Kollegen und die Vertreter der einzelnen Gemeinden kennenlernen und vor allem fleißig deutsch-chilenisches, lutherisches Kirchenspanisch üben. Ich erhielt einen Überblick über die üblichen Aktivitäten in den Gemeinden, einen Einblick in den Umgang miteinander und erfuhr von den persönlichen Interessen der Pfarrer.
So, wie ich es hier kurz und knapp darstelle, klingt das etwas öde, doch auf der Rückfahrt, wieder im mehr oder weniger gemütlichen Bus ist mir bei all den Informationen fast der Kopf geplatzt. (Der spannende Krimi, der dann gezeigt wurde, hat meinen Kopf zum Glück wieder etwas abgekühlt.)

Themen waren die Schwierigkeit der Neubesetzung der vakanten Stelle in Puerto Montt, aber auch die Suche nach Möglichkeiten, wie diese Lücke gefüllt werden kann, etwa durch die Ausbildung und Unterstützung von Lektoren und Laienpredigern, welche noch im Anfangsstadium ist. Außerdem wurde die Suche nach neuen Pfarrern und weiteren Vikaren thematisiert und die Überarbeitung der Dienstvorschriften der Pfarrer besprochen (Gute Frage: Was heißt eigentlich „moralisch vorbildlich“?). Die Organisation der Rüstzeitlager am Llanquihuesee, die Vorbereitung eines Kirchentages im Oktober, die Verstärkung der regionalen Arbeit, die Beziehungen zwischen den Gemeinden, die Sorge um die Jugendarbeit, welche großes Potential hat, weil es viel Nachwuchs gibt und die Zusammenarbeit mit der anderen lutherischen Kirche in Chile (Iglesia Evangélica Luterana en Chile, IELCH) waren weitere Diskussionspunkte. Sehr begeistert und motiviert bin ich von dem Humor, der Fröhlichkeit und der Freundlichkeit, welche bei schwierigen Themen oftmals der Kitt unter den Anwesenden sind.

Eine Kirche, die solch große topografische Entfernungen aushalten muss, hat es nicht ganz einfach. Da sind unterschiedliche Vorstellungen und die starke Fokussierung auf die eigene Gemeinde und deren Probleme vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass auch die Pfarrer eine ganz unterschiedliche Geschichte und Herkunft mitgebracht haben und verschiedene theologische Vorstellungen aufeinandertreffen. Einige Pfarrer sind Chilenen, die durch ihr religiöses Interesse auf die Lutheraner gestoßen sind, einige davon gehörten vorher anderen Konfessionen an, andere sind vor vielen Jahren aus Deutschland gekommen. Und auch die Gemeindeglieder haben verschiedene Prägungen. Viele haben deutsche Vorfahren. Es wird aber immer weniger Deutsch gesprochen. Die Chilenen stoßen oftmals durch die Deutschen Schulen zur lutherischen Kirche, da viele der Pfarrer dort unterrichten. Außerdem hat es eine kleine lutherische Kirche, deren Gründung einst von einer bestimmten eingewanderten Volksgruppe abhing und jahrzehntelang von dieser getragen wurde, nicht leicht in einem noch stark vom Katholizismus geprägten Land. Zu dem ist der Zulauf zu freieren, charismatischeren Kirchen, wie den Pfingstkirchen in Chile sehr hoch, wie allerdings auch die beiden lutherischen Kirchen attraktiv für frei-evangelisch, charismatisch geprägte Christen werden. Die Schärfe des nach dem eigenen Profil und der Blick auf die eigenen Stärken, Reize und Möglichkeiten wird darum sehr intensiv diskutiert und sind die größte Herausforderung für die Lutheraner.

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